Kirche Uesslingen

Kirche Uesslingen

Die capella… Vslingen gehörte zum Stammgut der Propstei Ittingen, das am 24. Januar 1152 bestätigt wurde. Die Mönche, denen das Recht zustand, Üsslingen selbst zu versehen, erhielten im selben Jahre von Herzog Welf VI die Vogtei zugesprochen. Wie aus spätern Streitigkeiten hervorgeht, galt Üsslingen als vollständig inkorporierte Kirche. Durch Grossratsbeschluss ging die Kollatur 1831 an die Gemeinde über; nach Aufhebung des Klosters 1848 folgten 1853 die Pfrundkompetenzen. Ab 1461 versahen meist Weltgeistliche als Vikare des Priors die Pfarrei, welche neben Üsslingen die Dörfer Dietingen, Buch und Warth sowie die Höfe Berlingen, Iselisberg, Wyden, Feldi, Horben und Trüttlikon in sich schloss. Die Reformation erfasste Üsslingen 1525, ein Jahr nach dem Ittinger Sturm; 1549 wurde wiederum Messe gelesen, 1580 das Allerheiligste neu eingeführt und durch Vertrag von 1551 die Evangelischen mit vierzehntägiger Predigt zufriedengestellt, welche der Prädikant von Hüttwilen, später auch der Helfer von Ellikon-Gachnang hielten. Lösung des Filialverhältnisses zu Ellikon und Bildung einer eigenen Gemeinde 1853.

Beschreibung

Die Gestalt der alten Kirche lässt sich ablesen aus einer aquarellierten Zeichnung im Pfarrhaus. Danach war der geostete Chor (er nahm nach STAZA 292 einen Drittel der Gesamtlänge ein) gerade geschlossen und trug einen hölzernen, achtseitigen Dachreiter mit steiler Spitze. An ihn schob sich nördlich die polygonal endigende Kapelle von 1790. Ein Querfirst verband beide Bauteile. Baugeschichtlich ist folgendes zu erfahren: Sulzberger (Glocken I) berichtet, man habe im Februar 1872 unter der Tünche des Chores eine gemalte vorreformatische Darstellung des Jüngsten Gerichtes vorgefunden. Wenn dies stimmt, so hätte sich die Erneuerung des Chores im Jahre 1652 auf eine Renovation des Bestehenden und auf neuen Bilderschmuck beschränkt. 1701 erhielt die Kirche einen neuen Dachreiter (Joh. Baptist Egger, Zimmermann von Herdern; Meister Ludi (Lüthi? oder Ludwig?), Schindeldecker; Joseph Meier, Maler), 1703 neue katholische Bilder und 1740 den Kapellenbau. Man weihte diesen, samt einem von Vikar J. Rogg und Richter P. Bachmann gestifteten marmelierten Altar, am 21. März 1744. Der 1747 geschreinerte und bemalte neue Altar im Chor der Kirche scheint kein Glanzstück geworden zu sein, denn 1769 ersetzte man ihn durch einen neuen, schön vergoldeten (vielleicht ein in der Ordenskirche zu Ittingen entbehrlich gewordenes Stück). Wiederum Weisseln und Ausmalen des Mauerwerks. Nachdem 1751 das Kirchdach ausgebessert worden war, nahm man sich 1761 der Wände, 1762 der Fenster und des Turmes an. Nach Beendigung der Bauarbeiten schlug der Blitz in den Helm, was 1763 zu neuen Reparaturen rief. Weitere Turmbauten 1827. Kapellenrenovation 1831. In einer Petition vom 25. Mai 1851 wird die Kirche als zu klein, zu dunkel und als die bauloseste, sowie unansehnlichste im ganzen Kanton bezeichnet.

Neubau1872 durch Wilhelm Keller, Luzer; Altarblätter 1873 von Hch. Kaiser, Orgel von Gustav Stehli in Warth, Geläute von H. Keller, Unterstrass-Zürich. 1922/23 Verstärkung der Fundamente, der Westgiebelseite und des Turmes.

Der Friedhof, in dem bis 1872 ein 1681 renoviertes Beinhaus stand, wurde durch Vertrag vom 14. August 1708, also noch vor dem Landfrieden, konfessionell geteilt. Pfarrhausbauten 1517 und 1725.; Renovation 1754 und 1790. Neubau 1848. Für den erkrankten Baumeister aus Diessenhofen übernahm Rudolf Hoffmann aus Islikon den Akkord.

Alte Ausstattung

Klassizistisches Sandstein-Epitaph für Franz Melchior Lenz, der seit 1775 Pfarrer in Üsslingen gewesen und am 9. Oktober 1815 verstorben war. Die Krönungsfiguren des heutigen Hochaltars, zwei 59,5 cm hohe, vollplastische Engelsgestalten wurden durch K. Haaga in Rorschach 1939 neu gefasst und stammen aus dem Ende des 17. Jahrhunderts. Ein Versperbild von 1647, eine Marienplastik und zwei Kerzenstöcke von 1672 sind verschollen; die von Konstantin Keyser 1820 gemalte Fahne ist abgegangen.

Sakristei

Kelch, Silber, teilvergoldet, H. 27 cm, unvollständige Beschaumarke Augsburg zwischen 1670 und 1700, Meisterzeichnung R3 695 HIW2. Grossflächiger Fuss mit schwach ausgeprägter Sechsteilung. Federwerk und Fruchtstücke umrahmen Hochovale und kräftig getriebene, Marterwerkzeug tragende Putten. Am Fuss gegossen die Brustbilder eines hl. Bischofs mit aufgeschlagenem Buch, einer hl. Nonne und Johannes des Täufers; an der durchbrochenen Ziercupa getrieben die Monogramme der Hl. Familie. Der umgekehrt birnförmige Nodus setzt über Blattscheibe an. Sein vegetabiles Beiwerk und seine drei geflügelten Engelsköpfe sind zierlich ausziseliert. Vielleicht stammt der Kelch aus der Kartause Ittingen.

Kelch, Silber, vergoldet, H. 22.4 cm, Beschau Augsburg R3 234 (1723-1735), Meisterzeichen ICL in Dreipass, Schr. 17, Johann Caspar Lutz.

Einfacher Kelch von edlen Formen. Am Bord des sechsblättrigen Fusses sind auf gepunztem Grund geschmackvolle Rögenceornamente graviert; profilierter Schaft mit doppeltem Knotenknauf; steile, tulpenförmige, glatte Cupa.

Kelch, Silber, vergoldet, H. 25.2 cm. Beschau und Meisterzeichen undeutlich, vermutlich Schaffhausen und GS, einem Schalch zugehörig. Fast runder, etwas aufgedunsener Fuss mit kurzatmigen Rocaillen und guten, gegossenen Breitovalen: Opferung Isaaks, Ölberg, Kreuzigung. Dreiteiliger Knauf aus Kurvenwerk. In der Treibarbeit fällt der Cupakorb (Rocaillen) gegenüber dem Fusse etwas ab. Vielleicht der nach dem Kirchenurbar 1767 gekaufte Kelch.

Vortragekreuz, Kupfer, versilbert, Höhe ohne Dorn 51.5 cm. Treffelenden mit durchgeschobenen Quadraten. Der Kruzifixus, die rückseitige Madonna auf der Mondsichel und die mit Federwerk ornamentierten Fronten aus dem Ende des 17. Jahrhunderts. Die Evangelistenmedaillons der Vorderseite gehören zu den in Augsburg von 1600 gültigen Stanzen, die vier Kirchenlehrer der rückseitigen Medaillons zeigen rohe (einheimische?) Rennaissancemanier. Gotisierende Biedermeier-Rosette und INRI-Schild aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts.

Kupfervergoldeter Wettersegen (Kreuzpartikelmontanz) in landläufigen Rokokoformen, H. 25.5 cm.
Sechs grosse Rokoko-Altarleuchter mit dem Nodus aufgesetzten Bügeln (aus Ittingen?).

Vergoldete Kupfermonstranz aus dem dritten Viertel, und Zopfstilkännchen aus dem Ende des 18. Jahrhunderts (Konstanzer Meister JWR). Ein Kelch von 1618 und zwei silberne Verwahrkapseln von 1616 waren 1720 gestohlen worden, ebenso der von Torwart Störcheli zu Ittingen 1677 gestiftete, silbervergoldete Kommunikantenbecher.

Glocken

Die drei Glocken des 1872 eingeschmolzenen Geläutes waren folgende:

1. Glocke von 1493, Minuskelinschrift O rex glorie Christe veni nobis. 1493.

2. Glocke von 1733, nach Rechnung von Johann Leonhard III Rosenlecher in Konstanz gegossen. Am Oberfries: S. Petre e Paul, orate pro nobis, am Bord: Herr Pater Preier, Christoffel Schmitt und Conradt Stoll Kirchenpfleger. 1733. Als Material diente eine Glocke von 1700, die Tobias Schalch seinerseits aus einer 1622 neu geschaffenen Glocke umgegossen hatte.

3. Von Johann Leonhard III Rosenlecher 1738 gegossene Glocke mit Bildern Mariä, St. Michaelis, Petri und Pauli. S. Maria et omnes Sancti, orate pro nobis, unten Giesserinschrift. 1872 vierteiliges Geläute von H. Keller, Unterstrass-Zürich.

Läutordnung

Das Glockengeläute der Kirche Uesslingen besteht aus fünf Glocken. Im Jahre 1872 wurden vier davon von Jakob Keller in Zürich gegossen. Bei der Kirchenrenovation im Jahre 1989 kam die fünfte Glocke (Nr. 4) dazu. Diese wurde in der Giesserei H. Rüetschi in Aarau gegossen. Jede der Glocken trägt eine Inschrift. Es sind dies:

Glocke 1, e: Durchmesser 130 cm, 1'464 kg
Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen Luk. 11,14

Glocke 2, g: Durchmesser 104 cm, 731 kg
Gegrüsst seist du Maria voller Gnaden Luk. 1, 28
Bete und Arbeite

Glocke 3, h: Durchmesser 86 cm, 409 kg
Gnade sei mit allen, welche lieb haben unseren Herrn, Jesum Christum Eph. 6, 24

Glocke 4, d: Durchmesser 71 cm, 210 kk
Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf all deinen Wegen Psalm 91, 11

Glocke 5, e: Durchmesser 64 cm, 179 kg
Lasset die Kinder zu mir kommen, denn solcher ist das Reich Gottes Mark. 10, 14

Das Glockenläuten ist eine sehr alte Tradition. Die irischen Wandermönche, Gallus und Kolumban, brachten ums Jahr 600 die ersten Glocken in die Ostschweiz. Seit Jahrhunderten begleiten sie unser Leben; bei Taufe, Festtagen, Hochzeit und Lebensende, bei Feuersausbruch, Kriegsende, Bundesfeiertag und Jahreswechsel. So will uns auch heute das Glockengeläute erfreuen, zum Gebet ermahnen und zum Gottesdienst rufen.
Die Vorsteherschaften der Kath. und Evang. Kirchgemeinde Uesslingen haben sich geeinigt, die Tradition des Glockenläutens nach der vorliegenden Regelung weiterzuführen.

I. Paritätisches Geläute

Betzeitläuten:                       Am Morgen
                                               werktags 5.30 h Nr. 4 3'
                                               sonntags 6.00 h Nr. 3 3'
Mittagsläuten:                      werktags 11.00 h Nr. 1 3
                                               (ohne Sonntage und kirchliche Feiertage)
                                               Sommerzeit 16.00 h Nr. 2 3
                                               Winterzeit 15.00 h Nr. 2 3
                                               (ohne Sonntage und kirchliche Feiertage)
                                               Ausnahme: An Samstagen und an Vortagen von kirchlichen Feiertagen wurd der Sonntag mit vollem
                                               Geläute eingeläutet, Nr. 5 – 4 – 3 – 2 – 1, Dauer 12
Betzeitläuten:                       Am Abend
                                               Sommerzeit 20.00 h Nr. 2 3'
                                               Winterzeit 18.00 h Nr. 2 3'
                                               (Diese Zeiten gelten für Sonntag und Werktag)
Besonderes Läuten:            1. August 20.00 h – 20.15 h volles Geläute
                                               31. Dezember 23.45 h – 23.58 h volles Geläute
                                               1. Januar 00.01 h – 00.15 h volles Geläute

Bechtelis-Gemeindeversammlung, in der Regel am 3. Montag im Januar, sofern die Versammlung in Uesslingen stattfindet. 0850 h Nr. 1 5

Andere kirchliche Anlässe, wie Konzerte, Vorträge usw.
Einläuten vor Beginn Nr. 4, 3, 2 Dauer nach Ermessen

II. Evangelische Gottesdienste

Sonntagsgottesdienste:                   Vorläuten: Eine Stunde vor Beginn des Gottesdienstes Nr. 1 5'
                                                            Einläuten: Morgengottesdienst: volles Geläute 12'
                                                            Abendgottesdienst: volles Geläute 12'
                                                            Ausläuten: Nr. 1

Trauungen:                                         Vorläuten: Eine Stunde vor Beginn Nr. 1-5 5'
                                                             Einläuten: Nr. 1-5 15'
                                                             Ausläuten: Nr. 1

Beerdigungen:                                    Vorläuten: Eine Stunde vor Beerdigung 5'
                                                             Beerdigung Mann Nr. 1-2-3-5
                                                             Beerdigung Frau Nr. 5-3-2-1
                                                             Einläuten: 12' Minuten vor Beerdigungsbeginn 10'
                                                             Gleiches Geläute wie beim Vorläuten
                                                             Ausläuten: Nr. 1

Bei Beerdigung von Kindern:           Absprache mit Pfarrer und Angehörigen.

Kirchgemeinde-Versammlungen:    10 Minuten vor Versammlungsbeginn Nr. 1 5'

III. Katholische Gottesdienste

Gottesdienste:                           Einläuten: 10 Minuten vor Gottesdienstbeginn volles Geläute Nr. 5-1 7-9

Messfeiern:                                Einläuten: 5 Minuten vor Beginn Nr. 4 und 3 5'

Trauungen:                                 Nach Absprache mit Pfarrer und Brautpaar

Beerdigungen:                           Einläuten wie bei Gottesdiensten