Geschichte der Kirchgemeinde Warth-Weiningen

Geschichte der Kirchgemeinde Warth-Weiningen

Geschichte bis 1993

Die Kirchengeschichte Weiningen ist fest verbunden mit der kleinen Kirche, die am östlichen Dorfrand von Weiningen steht. Die erste urkundliche Erwähnung der St. Niklaus Kapelle in Weiningen stammt aus dem Jahre 1486. Der Bau selbst ist jedoch mit Sicherheit älter und dürfte aus dem dreizehnten Jahrhundert stammen.

Er wurde wahrscheinlich erstellt, weil die Entfernung von Pfyn beträchtlich ist. Seit der Reformation 1529 diente diese Kirche nur den Reformierten für den Predigtgottesdienst. Das Domstift Konstanz besass das Eigentumsrecht der Kapelle, und die Kartause Ittingen hatte die niedere Gerichtsbarkeit inne. Diese bevorzugte Stellung versuchten einige Prioren im Zuge der Gegenreformation zu ihren Gunsten zu nutzen. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts kam es deshalb im Zusammenhang mit diesem Gotteshaus zu verschiedenen Auseinandersetzungen zwischen dem Kloster und der evangelischen Gemeinde. Baugeschichte und Geschichte der Gemeinde waren fortan fest miteinander verwoben.

Seit 1590 wurde von katholischer Seite versucht, für die wenigen Katholiken (10 an der Zahl) in Weiningen einen Altar aufzurichten. Die Bestimmungen des Landfriedens boten dazu die rechtlichen Grundlagen. Die Weininger gelangten an Zürich, das die Interessen der reformierten Thurgauer gegenüber den Katholiken vertrat. Zürich und die reformierten Weininger befürchteten, durch dieses Vorgehen sollten sie vom evangelischen Glauben abgebracht werden. Die zürcherischen Abgeordneten stellten deshalb die Bedingung, die Katholiken müssten schriftlich versprechen, den Evangelischen den Pfarrer nie zu nehmen.

Erst nach langem Hin und Her kam 1593 ein Vertrag zustande, den die Zürcher allerdings erst am 1. Mai 1594 gut hiessen:
Der Altar wurde gestattet, durfte höchstens 9 Werkschuh tief sein und nicht vergittert werden. Nebst einer neuen Kanzel im Chor wurde der Gemeinde auf ihr Ersuchen hin auch der Bau einer Empore bewilligt. Eine wichtige Bestimmung des Vertrages sicherte den Evangelischen zu, dass sie ungehindert wie bisher an allen Sonn-, Fest- und Feiertagen Predigt hören, Copulationen (d. h. Eheschliessungen) vornehmen, sowie Taufe und Abendmahl halten konnten. Bis Ende des 17. Jahrhunderts hielt der Pfarrer von Pfyn alle 14 Tage Gottesdienst in Weiningen. Pfarrer Herder (1693 bis 1707 in Pfyn) wurde damals durch die Zürcher Kirchenbehörde gezwungen, jeden Sonntag in Weiningen zu predigen und anschliessend einen Katechismusunterricht abzuhalten. Während im Winter der Gottesdienst am Nachmittag stattfand, war er im Sommer bereits auf 6 Uhr morgens festgesetzt.

1707 gelang es dem Kloster Ittingen, einen neuen Altar in der Kirche aufzustellen und diesen zu vergittern. Es wurde allerdings sorgsam darauf geachtet, dass den Evangelischen für die Feier des Abendmahls genug Raum zwischen dem Altargitter und dem Abendmahltisch verblieb. Einen neuen Communionstisch, in dessen Fuss das Taufbecken aufbewahrt werden konnte, sollte unter die Kanzel zu stehen kommen. Diese wurde zudem repariert. Die Reparaturkosten wurden aus dem Kirchenvermögen bestritten und ebenso für den evangelischen Pfarrer ein neuer Predigtrock und für den katholischen Pfarrer (von Uesslingen) ein neuer Chorrock aus dem Kirchengut angeschafft!

Am 1. April 1713 wurde der Gemeinde erlaubt, einen eigenen Mesmer zu wählen und aus dem Kirchengut zu besolden. Falls genügend Platz vorhanden sei, dürfe auch der reformierte Mesmer im katholischen Mesmerhaus wohnen. Weiter wurde den Evangelischen zu gestanden, einen eigenen Taufstein in der Kirche aufzustellen.

1732 erhielt der Lehrer Johann Konrad Huber die Erlaubnis, im Sommer um 1 Uhr nachmittags Kinderlehre zu halten mit Geläut, Gebet und Gesang. Nicht gestattet war dem Lehrer, die Katechismusfragen auszulegen. Dieses Recht blieb dem Theologen, dem Pfarrer, vorbehalten.

Auseinandersetzungen mit der Kartause Ittingen blieben in der Zwischenzeit nicht aus. 1729 beklagten sich die Weininger, dass sie seit 1713 nicht mehr öffentlich Rechenschaft über das Kirchengut erhielten. In Anwesenheit des Kirchenpflegers sprächen die Mönche lateinisch, damit dieser nichts verstehe. Zudem habe das Kloster Holz aus dem Kirchenwald veräussert, um damit Kapitalschulden begleichen zu können; dies sei aber ohne Wissen der Evangelischen geschehen. Ausserdem beanstandeten die Reformierten, dass der Kollator kein Geld aus dem Kirchengut zur Verfügung stellte, um nur die dringendsten Unterhaltsarbeiten an Kirche und Friedhofmauer vornehmen zu können.

Einige Jahre später beschwerten sich die Evangelischen Weininger, der Grasnutzen des Friedhofs komme nur dem katholischen Mesmer zugute. Der Friedhof werde nicht eingezäunt, die Armen erhielten nichts aus dem Kirchenfonds und ein evangelisches Mesmerhaus wolle man nicht bauen lassen. (Weiningen zählte damals 34 evangelische und lediglich 3 katholische Haushaltungen.)

1734 wurde das Kirchengut zwischen den beiden Konfessionen geteilt. Bisher wurde das gemeinsame Kirchengut von der Kartause verwaltet. Friedhof und Kirchenholz wurden nach einem Augenschein aufgeteilt. 1739 erlaubte das Domkapitel von Konstanz den Weiningern, «auss des Kirchleins inkünften», eine «wollanständige Kirchen-Uhr»; machen zu lassen. 1748 liess man eine Glocke von 172 Pfund Gewicht umgiessen zu einer Glocke von 175 Pfund. 1792 machte das Neudecken des Dachstuhls Ausgaben von 92 Gulden (Florin) und 2 Batzen notwendig. 1800 erkauften sich die Weckinger mit einer Summe von 210 Gulden in Weiningen das Beerdigungsrecht, das sie in Herdern verloren hatten. Damit kauften sie sich zugleich ins Schul- und Kirchengut ein.

Aus dem 19. Jahrhundert ist lediglich bekannt, dass Karl Rosenlächner in Konstanz für die Gemeinde Weiningen zwei Glocken gegossen hat.

1967 wurde durch die Evangelische Kirchgemeinde der katholischen Kirchgemeinde Warth als Miteigentümerin der paritätischen Kirche eine dringend notwendige Gesamtrenovation mit einem Kostenvoranschlag von über Fr. 200'000.– beantragt. Aus finanziellen Erwägungen, auch die katholische Kirche von Warth hatte eine Renovation notwendig, beschlossen die katholische Kirchgemeinde Warth auf das Miteigentums- und Mitbenützungsrecht zu verzichten. In einem friedlich ausgehandelten Vertrag wurde vereinbart, dass die katholische Kirchgemeinde der evang. Kirchgemeinde die Kirche unentgeltlich überlässt und die Kirchgemeinde Weiningen der katholischen Kirchgemeinde Warth für das ganze Umgelände von 1680 m2 Fr. 12'600.– bezahlt, was einem Quadratmeterpreis von Fr. 15.– entsprach. In der gleichen Vereinbarung kaufte die evang. Kirchgemeinde von der katholischen Kirchgemeinde Warth für Fr. 55'000.– das im südwestlichen Kirchenbezirk liegende katholische Mesmerhaus, welches anfangs des 18. Jahrhunderts gebaut worden war. Der Verzicht der katholischen Kirchgemeinde auf das Miteigentum und das Mitbenützungsrecht bei der Kirche Weiningen wurde vom katholischen Kirchenrat unterstützt. Auf Wunsch des katholischen Kirchenrates wurde jedoch eine Bestimmung in den Vertrag aufgenommen, wonach der Kirchgemeinde Warth das Recht zusteht, durch eine einseitige Erklärung das Simultanverhälnis jederzeit wieder aufzunehmen. In diesem Falle ist sie verpflichtet, eine Einkaufssumme zu bezahlen, die durch eine paritätische Schiedskommission nach den dannzumaligen Verhältnissen festgesetzt wird. Nach dem Zusammenschluss der Schulgemeinden Warth und Weiningen und dem Bau einer gemeinsamen Schulanlage im Jahre 1981, bestand von den evang. Kirchbürger und Kirchbürgerinnen der Ortsgemeinde Warth der Wunsch für einen Anschluss an die Kirchgemeinde Weiningen. Die Evangelischen von Warth gehörten damals zur Kirchgemeinde Uesslingen. Mit ihr wurde ein Ablösungsvertrag ausgehandelt. Die Aufnahme in die Kirchgemeinde Weiningen erfolgte auf den 1. Januar 1992.

Quelle der Kirchengeschichte bis 1968: Artikel von Vikar Wydler in Pfyn, zum 500. Geburtstag der Kirche Weiningen

Warth-Weiningen, 31. Oktober 2001, Robert Müller

Geschichte ab 1993

Im Jahre 1993 bildeten Uesslingen und Warth-Weiningen ein gemeinsames Pfarramt. Die Kirchgemeinde Warth-Weiningen löste den Pfrundvertrag mit der Kirchgemeinde Pfyn, mit welcher sie über Jahrhunderte eine Doppelgemeinde führte, auf. Der Weininger Anteil aus dem gemeinsamen Pfrundverhältnis von Fr. 300'000.– wurde in das neue Pfarrhaus in Warth investiert.

Als erster Pfarrer konnte im gleichen Jahr Rolf Meister für das gemeinsame Pfarramt mit Uesslingen eingesetzt werden. Im Jahre 1994 erfolgte sein Einzug ins neue Pfarrhaus in Warth.

Möge die Gemeinde wie das Kirchlein weiterhin den Stürmen trotzen, denen beide, Kirche und Kirchengebäude, immer wieder ausgesetzt sind:

«Ein feste Burg ist unser Gott!»

Warth-Weiningen, 31. Oktober 2001, Robert Müller